Klarheit ein knappes Gut #1: Design for Relevance

Klarheit - Ein knappes Gut

Wie viel Struktur braucht ein System, bevor es sich selbst lähmt?

Ich erinnere mich gut an den Moment, als ich den Nachlass meines Vaters sichtete: Sein Leben passte in zwei Koffer, alles war sauber sortiert und in Ordnung. Ich war beeindruckt und zwar nicht nur von der äußeren Ordnung, sondern von der Haltung, die darin sichtbar wurde. Wie leicht hatte er sich sein Leben gemacht, mit dieser Klarheit und Anspruchslosigkeit im Blick auf das, was er wirklich brauchte.

Dieses Vorbild begleitet mich bis heute, ebenso wie die Lektüre von Seneca. Und mein Doktorvater, der seine Algorithmen so lange überarbeitete, bis sie elegant und schlank waren. Für ihn begann die Arbeit erst, wenn die Lösung bereits funktionierte: herauszuarbeiten, was davon wirklich notwendig war.

Unsere Zeit bringt ein ständiges „Mehr“ hervor. Mehr Texte, mehr Algorithmen, mehr Systeme. Ich frage mich, ob das in Summe wirklich zu einer Verbesserung unserer Lebensqualität führt oder ob wir uns nicht vielmehr um Klarheit und Einfachheit bemühen sollten.

Ich selbst bin oft nicht so klar unterwegs. Ich stürze mich in neue Projekte, einfach weil ich es kann und gerade Energie dafür habe. Ich liebe meine Gestaltungsspielräume und frage mich gleichzeitig, warum ich mir all das aufbürde.

Natürlich begegnet mir meine „Lebensfrage“ auch täglich beruflich, besonders in der Arbeit mit IT-Systemen und Datenmodellen:

Strukturen, die wachsen, ohne zurückgebaut zu werden.
Entscheidungen, die niemand treffen will, weil niemand mehr weiß, wie die Dinge zusammenhängen.

Was mich dabei zunehmend interessiert, ist nicht die Technik, sondern das Muster dahinter.

  • Warum entsteht Komplexität, wenn niemand sie will?

  • Warum halten wir an Strukturen fest, die uns lähmen?

  • Und wie erkennen wir den Punkt, an dem Vereinfachung wieder möglich ist?

Mein Ansatzpunkt ist, vom Nutzen her zu denken. Ich nenne diesen Zugang:

Design for Relevance
Oder: Was ist wirklich nötig?

Ob eine Lösung relevant ist – also schlank, nachvollziehbar und funktional – erkennt man oft erst, wenn sie steht. Dann kann man einen Schritt zurücktreten und fragen: Wurden alle Komponenten sinnvoll eingesetzt? Ist die Lösung als Ganzes verständlich? Was ist überflüssig?

Dieser gelassene Zustand der Reflexion lässt sich kaum während der aktiven Umsetzung einnehmen. Aber genau hier beginnt die eigentliche Arbeit: das Überarbeiten, das Reduzieren, das Klären.

Ziel von „Design for Relevance“ ist es, elegante und schlanke Lösungen zu bauen.
Mein Ausgangspunkt ist die Datenmodellierung, insbesondere der Ansatz des SKET-Modelings. Die methodische Beschreibung findet sich im SKET-Modeling-Blog. Aber ich habe gemerkt, dass meine Fragen darüber hinausgehen – und ich möchte sie in dieser neuen Reihe festhalten.

Weiterlesen in meiner Modellierungsreihe SKET-Modeling


Über die Autorin:
Dr. Katharina Wirtz ist Beraterin mit dem Fokus auf BI, Datenmodellierung und Team-Enablement. Mit ihrer Firma SKET22 hilft sie Unternehmen, datengetriebene Entscheidungen auf ein solides Fundament zu stellen.
Mehr zu ihren Workshops: sket22.de
Vernetzen auf LinkedIn: linkedin.com/in/katharina-wirtz

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