Fachliche Modellierung (Teil 2) – warum das BI-Team für das fachliche Datenmodell verantwortlich ist
– und nicht die Data Governance
Neulich in einem Workshop zum Thema Datenmodellierung: In der Diskussion um Verantwortlichkeiten kam ein Vorschlag auf, der mir bekannt vorkam – und trotzdem jedes Mal überrascht: „Das fachliche Datenmodell? Das sollte doch die Data Governance übernehmen!“
Klingt erstmal logisch. Schließlich kümmert sich Data Governance um Standards, Qualität und Verantwortlichkeiten rund um Daten. Aber der Teufel steckt, wie so oft, im Detail – oder besser gesagt: in der Praxis.
Was ist das fachliche Datenmodell eigentlich?
Das fachliche Datenmodell ist der Versuch, die relevanten Begriffe und Zusammenhänge der Geschäftswelt in eine strukturierte, datenbasierte Form zu bringen. Es beschreibt, was ein Kunde, eine Buchung, ein Produkt wirklich ist – und wie diese Entitäten zueinander in Beziehung stehen.
Es geht also nicht um technische Tabellen oder Schlüssel, sondern um eine gemeinsame Sicht auf die Realität, die sowohl vom Fachbereich als auch vom BI-Team verstanden und verwendet werden kann.
Warum diese Aufgabe beim BI-Team liegt
1. Fachliche Nähe zur Nutzung
Das BI-Team ist der direkte Ansprechpartner für Reporting, Dashboards, KPIs. Wenn im Fachbereich Fragen aufkommen wie „Was zählt eigentlich als aktiver Kunde?“ oder „Wie wird Umsatz hier berechnet?“, landet das nicht bei Data Governance – sondern bei uns.
2. Iteratives Verstehen statt statischer Definition
Fachliche Modelle entstehen im Dialog. Sie müssen verhandelt, verstanden, getestet und ggf. angepasst werden. Das passiert in Workshops, mit Whiteboards, auf Basis konkreter Use Cases. Diese Nähe zum Alltag bringt das BI-Team mit – nicht ein Governance-Gremium.
3. Verbindung zur technischen Umsetzung
Ein Modell ist kein Selbstzweck. Es muss umsetzbar sein – in einem DWH, in ETL-Strecken, im konzeptionellen Layer. Nur wer die Umsetzbarkeit im Blick hat, kann ein tragfähiges fachliches Modell entwickeln. Und das ist Kernkompetenz des BI-Teams.
4. Verantwortung und Ownership
Wer das Modell erstellt, trägt Verantwortung. Es geht nicht darum, eine schöne Visualisierung zu malen, sondern ein Modell zu bauen, das Business-Fragen beantwortet. Wenn das Modell nicht funktioniert, helfen keine Richtlinien – sondern konkretes Verstehen und Handeln.
Und was ist dann die Rolle von Data Governance?
Data Governance bleibt essenziell. Sie sorgt für Begriffsklarheit, für dokumentierte Zuständigkeiten, für langfristige Qualitätssicherung. Aber sie ist der Rahmen – nicht der Architekt.
Governance kann dabei helfen, Modellierungsprozesse zu standardisieren, Namenskonventionen festzulegen oder Konflikte zwischen Abteilungen zu moderieren. Aber das eigentliche Modell – das entsteht dort, wo Fachlichkeit auf Daten trifft. Und das ist im BI-Team.
Fazit: Verantwortung darf nicht wegdelegiert werden
Modelle entstehen nicht auf dem Papier, sondern in der gelebten Auseinandersetzung mit Daten, Anforderungen und Realität. Das BI-Team ist dafür prädestiniert, weil es die Verbindung zwischen Business und Technik hält.
Deshalb gilt: Modellierung ist keine administrative Aufgabe – sondern ein zentrales Element erfolgreicher BI-Arbeit.